Auch richtig Lüften will gelernt sein

“Bloßes Wissen, bloße Kenntnis von Dingen und Tatsachen allein ist noch keine Wissenschaft, erst wer etwas über Entwicklung und ursächlichen Zusammenhang der Dinge erforscht, was bisher unbekannt war, treibt Wissenschaft” schrieb der deutsche Hygieniker und Chemieprofessor Max von Pettenkofer, der sich bereits Mitte des 19. Jahrhunderts mit dem Themen Luft und Luftqualität beschäftigte.


Dicke Luft seit 1850 – Zeit richtig zu Lüften

Pettenkofer kam zu dem Schluss, dass der Mensch die Hauptverunreinigungsquelle der Luft ist. Heute wissen wir jedoch, dass die Luftqualität in Innenräumen von vielen unterschiedlichen Faktoren abhängig ist. Im Jahr 1918 erkannten Wissenschaftler:innen, dass nicht nur die Personen, sondern auch die Einrichtungsgegenstände und die Raumausstattung grossen Einfluss auf die Luftqualität in Innenräumen haben. Dennoch erscheint uns das Lüften meist als ein rein intuitiver Vorgang, den wir eher nach dem eigenen Befinden ausführen, als uns dabei an objektiven und messbaren Kriterien zu orientieren. Doch warum eigentlich? Ganz in Pettenkofers Sinne wollen wir dem Lüften einmal auf den Grund gehen, um dadurch neue Entwicklungen und Zusammenhänge besser verstehen zu können.


Durchdachtes Lüften – Was macht gute Raumluft mit uns?

Obwohl Luftqualität also kein Thema der Moderne ist, war es noch nie so wichtig wie heute, ein Raumklima zu erzeugen, in dem wir uns wohlfühlen. Dies liegt vor allem daran, dass in der Regel die meisten Menschen in unserer westlichen Gesellschaft 80 ‑ 90 Prozent ihres Tages in Räumen verbringen und besonders in der kälteren Jahreszeit verlagert sich auch das private und gesellschaftliche Leben vermehrt nach drinnen. Räume, die wir dabei als behaglich empfinden, fördern nicht nur unser Wohlbefinden und unsere Gesundheit, sondern auch unsere Leistungsbereitschaft. An Arbeitsplätzen kann es bei einer schlechten Luftqualität und der daraus resultierenden Unzufriedenheit zu einer geringeren Produktivität der Beschäftigten kommen. Ein weiterer Aspekt des Lüftens betrifft die Energieeffizienz von Lüftungsmaßnahmen. Gebäudewärme macht etwa 30 Prozent des gesamten CO2‑Ausstoßes in Deutschland aus. Optimierte, durchdachte und datenbasierte Lüftungsmaßnahmen können dabei helfen, dass in Zukunft energieeffizienter gelüftet wird.


Doch wie kann sich “Behaglichkeit” überhaupt messen lassen?

Wie bereits erwähnt, kann unsere Luft von den unterschiedlichsten Faktoren beeinflusst werden. Dabei kann zwischen thermischen Einflüssen, die auf den Wärmehaushalt der Menschen einwirken und der Raumluftqualität unterschieden werden. Luftqualität ist dabei ein Maß für die Reinheit beziehungsweise die Schadstoffbelastung in unserer Luft. Spätestens seit der SARS-CoV-2-Pandemie und anderen viralen Infekten, bei denen sich Viren über die Luft übertragen, gilt Lüften auch als gute Maßnahme, um das Infektionsrisiko zu minimieren und die Luftqualität zu steigern. Besonders die CO2‑Konzentration gilt als guter Indikator für den Luftwechsel und die Luftqualität. Coronaviren werden hauptsächlich über virushaltige Flüssigkeitspartikel übertragen, die beim Atmen, Husten, Sprechen oder Niesen entstehen und sich über die Luft verbreiten. Wie viele solcher Flüssigkeitspartikel ein Mensch erzeugt, hängt stark von seiner Atemfrequenz und seiner Aktivität ab. Kommen viele Personen in einem Gebäude oder auf engem Raum zusammen, wird das Infektionsrisiko durch die gleichzeitige Aktivität dieser Menschen beeinflusst. Eine hohe Frischluftzufuhr durch regelmäßiges Lüften ist eine der wirksamsten Methoden, potenziell virushaltige Aerosole aus Innenräumen zu entfernen.


Was steckt eigentlich hinter “Fenster auf und Fenster zu”?

Es gibt verschiedene freie, nicht maschinelle Lüftungsformen, wobei die Fensterlüftung die einfachste und am weitesten verbreitetste Form ist – und somit auch die Relevanteste. Es kann zwischen zwei Formen der Fensterlüftung unterschieden werden und zwar zwischen Stoßlüften, dabei ist das Fenster für einige Minuten komplett geöffnet und dem Dauerlüften, bei dem das Fenster gekippt ist. Je nach Öffnungsart variiert der Luftaustausch. Da die Öffnungsfläche bei gekippten Fenstern jedoch gering ist, kann nur ein Teil des erforderlichen Luftwechsels ermöglicht werden. Es kann deshalb meist keine akzeptable Raumluftqualität allein durch ein Kippfenster sichergestellt werden. Beim Fensterlüften muss außerdem die Abhängigkeit von den jeweiligen Wetterbedingungen berücksichtigt werden, bei Schnee oder Regen ist es beispielsweise nicht immer möglich, die Fenster vollständig zu öffnen. Ist es draußen besonders kalt, wird oftmals auf das Öffnen der Fenster verzichtet, was auf einen hohen CO2‑Wert schließen lässt und eine schlechte Raumluftqualität zur Folge hat. Werden die Fenster dennoch geöffnet, fangen die meisten Menschen schnell an zu frieren. Um sich wieder behaglich zu fühlen, werden die Heizungen aufgedreht und es entstehen höhere Energiekosten.



Grafik die zeigt, dass effektives Stoßlüften meist schneller geht als Dauerlüften

Die Abbildung (Referenzquelle Energieagentur NRW) liefert einen ungefähren Anhaltspunkt, genaue Zeitangaben benötigen definierte Faktoren wie die konkrete Raumgröße und die genaue Innen- und Außentemperatur.



Effektives Lüften – Wie dich Sensoren dabei unterstützen können

Aus energetischer Sicht erscheint Fensterlüftung deshalb unabhängig von der Lüftungsart besonders im Winter ungeeignet, da hohe Wärmeenergieverluste entstehen können. Das muss aber nicht so sein, denn Sensoren ermöglichen uns eine neue Art des Lüftens. Auf der COMo Plattform wird dir die Luftqualität vor Ort angezeigt. Steigt die CO2‑Konzentration in deinen Räumlichkeiten, weisst du, dass es an der Zeit ist zu lüften. Dabei folgst du nicht nur einem bloßen Gefühl, sondern tust dies effizient und datenbasiert. Da COMo den CO2‑Wert über mehrere Tage hinweg anzeigt, wird auch deutlich, dass sich nachhaltig um eine gute Raumluft gekümmert wird. Damit wir uns auch drinnen wieder so wohlfühlen wie draussen.



Literatur:

vgl. Müller, Birgit/Panaskova, Jana/Müller, Dirk/Horn, Wolfgang/Jann, Oliver/ Scutaru, Ana Maria/ Plehn, Wolfgang: Entwicklungen der Bewertungsmethodik von Gerüchen in Innenräumen, in: Gebäudetechnik Innenraumklima (GI), Nr. 02, 2014, S. 70-73.

vgl. Bundesministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie (BMK).: Positionspapier zu lüftungsunterstützenden Maßnahmen zur Infektionsprophylaxe – Einsatz von Luftreinigern und Einbringung von Wirkstoffen in die Innenraumluft, in: Positionspapier des Arbeitskreises Innenraumluft, Stand 09.06.2021, Link (abgerufen am 21.09.2021), S. 5,6

vgl. Umweltbundesamt.: Das Risiko einer Übertragung von SARS-CoV-2 in Innenräumen lässt sich durch geeignete Lüftungsmaßnahmen reduzieren

Stellungnahme der Kommission Innenraumlufthygiene am Umweltbundesamt, in: Link (abgerufen am 22.10.2021), S. 2,3

vgl. Recknagel, Herbert/Sprenger, Eberhard/Sprenger, Eberhard: Taschenbuch für Heizung + Klimatechnik, 76. Auflage., München, Deutschland: Oldenbourg Industrieverlag, 2013/2014, S. 1088-1111

vgl. Müller, Birgit/ Geier, Maxim/ Krimmel, Philipp/ Müller, Wolfram/ Richter-Kowalewski, Kathrin: Leitfaden zur Raumluftkonditionierung in Schulen bei Neubau und Sanierung unter Beachtung ökonomischer, ökologischer und soziokultureller Aspekte, in: Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt, 2014, Link (abgerufen am 21.09.2021), S. 17

vgl. Fitzner, Klaus/Finke, Ulrich: Lüftungsregeln für freie Lüftung, in: Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin, Projekt F 2072, 2012, hier (abgerufen am 22.10.2021), S. 35